12.2

Anwesen Hauptstraße 53
Im Konzentrationslager ermordet

Denzlingen in der Zeit des Nationalsozialismus

Opfer – Täter – Widerstände

Das Haus, das Sie auf dem Foto sehen, steht heute nicht mehr. In diesem Anwesen, Hauptstraße 53, lebte von 1923 bis 1938 Jakob Bühler mit seiner Ehefrau und drei Kindern. Sie betrieben eine kleine Landwirtschaft. Die Produkte verkaufte Bühler ohne Genehmigung und außerhalb der in der NS-Zeit organisierten und überwachten Bewirtschaftung. Er wurde observiert und 1938 auf frischer Tat ertappt, inhaftiert und als  „asoziales Element“ in das Konzentrationslager Dachau gebracht. 1942 wurde er im Rahmen der Euthanasieaktion „Sonderbehandlung 14f13“ in der Gaskammer in Bernburg/Saale ermordet.

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Jakob Bühler

wurde am 17. März 1897 in Eichstetten am Kaiserstuhl geboren. Er heiratete 1923 in Denzlingen Anna Scherberger und zog zu ihr in deren Elternhaus in der Hauptstraße 53. Mit drei Kindern lebte die Familie in bescheidenen Verhältnissen von einer kleinen Landwirtschaft mit einer Kuh, mit Schweinen und einigen Hühnern. Was Bühler darüber hinaus erwirtschaftete, brachte er auf seinem Motorrad mit Seitenwagen zum Markt und zu privaten Kunden, allerdings ohne behördliche Genehmigung und außerhalb der damals organisierten und überwachten Bewirtschaftung. Nach wiederholten Ermahnungen wurde ihm der Führerschein entzogen.

Zweimal verhaftet

Weil er den unerlaubten Handel dennoch fortführte und die ihm stattdessen von den Behörden zugewiesene Arbeitsstelle bei einer Baufirma in Malterdingen nicht regelmäßig besuchte, wurde er im Juli 1938 verhaftet und in Freiburg inhaftiert. Nach seiner Entlassung ahnte Bühler nicht, dass sein neuer Arbeitgeber die behördliche Anweisung erhalten hatte, sofort Meldung zu erstatten, wenn er der Arbeit erneut fernbliebe. Die Polizei observierte ihn und stellte fest, dass er, statt zur Arbeit zu gehen, mit dem Fahrrad nach Gundelfingen fuhr, dort sein Motorrad aus einer Scheune holte und mit den amtlich nicht erfassten landwirtschaftlichen Produkten auf Fahrt ging. Dabei wurde er auf frischer Tat ertappt und erneut inhaftiert.

Ins Konzentrationslager

Als seine Frau am 5. August 1938 nach einer Operation verstarb, versuchte Jakob Bühler vergeblich, aus der Haft freizukommen. Er wollte sich seiner drei Kinder annehmen, die bei Verwandten im Ort untergebracht waren. Seine Bemühungen, freizukommen, waren jedoch vergebens. Noch im August 1938 kam er ins Konzentrationslager Dachau und wurde von dort später in das Konzentrationslager Ravensbrück überführt. Sein Leben endete schließlich in der Tötungsanstalt Bernburg an der Saale, wo er am 23. März 1942 in der Gaskammer starb.



"Asoziales Element"

Als Haftgrund ist in den Lagerakten unter seiner Nummer 36 „asozial“ vermerkt. Im Gedenkbuch für die Opfer des Konzentrationslagers Ravensbrück 1939-1945 ist sein Name vermerkt. Im Dritten Reich wurden Menschen, die nicht bereit waren, sich in die von der Partei erzwungene „Volksgemeinschaft“ einzuordnen, als „asoziale Elemente“ bezeichnet und oft – wie im Falle des Jakob Bühler – ermordet.

 

Quellen- und Literaturangaben / CopyrightsZum Konzentrationslager Ravensbrück:
www.ravensbrueck.de/mgr/neu
Staatsarchiv Freiburg, Bestand 698/5, Nr. 4842Dieter Geuenich - Dieter Ohmberger, Denzlingen,
Band 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges (1618-1948) (Denzlingen 2009),
S. 123 f.
Sarah Helm, Ohne Haar und Namen: Im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück (Darmstadt 2016)

Diese Tafel wurde finanziert von
Denzlinger Bürgern