12.3

Friedhof
Erschossen von einem Wachmann

Denzlingen in der Zeit des Nationalsozialismus

Opfer – Täter – Widerstände

Im Jahr 1943 wurde in Denzlingen der polnische Kriegsgefangene Kasimierz Dworak wegen „Meuterei und Widerstand“ von einem Wachmann erschossen. Sein Grab befindet sich hier im Eingangsbereich zum Friedhof. Was in der Nationalsozialistischen Zeit in unserem Ort geschehen ist und welche weiteren Opfer zu beklagen sind, soll nicht in Vergessenheit geraten. Dazu zählen außer Dworak zwei Denzlinger, die im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert und in Bernburg ermordet worden sind (siehe Tafeln 12.1 und 12.2).

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Kasimierz Dworak

Kriegsgefangener aus Polen,
1943 in Denzlingen erschossen.

Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen im Jahr 1939 und 1941 auf die Sowjetunion wurden Millionen von Menschen aus den eroberten Gebieten, sehr oft auch Jugendliche, als billige Arbeitskräfte zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt, um in der Landwirtschaft, im Bergbau oder in der Kriegsindustrie zu arbeiten. Mehr als zwei Millionen Kriegsgefangene aus der Sowjetunion, Polen und anderen Ländern sind infolge von Unterernährung, Erschöpfung oder harten Bestrafungen umgekommen.

Bald nach dem Beginn des 2. Weltkrieges wurden der Gemeinde Denzlingen die ersten  Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter aus Frankreich und Polen zugewiesen. Die Franzosen wurden im Haus des verhafteten Jakob Bühler, Hauptstraße 53 (siehe Tafel 12.2), untergebracht. Im April 1941 trafen auch serbische Kriegsgefangene in Denzlingen ein, die in der ehemaligen Zigarrenfabrik Faist-Sohler in der Hinterhofstraße einquartiert wurden.

Das Lager in Denzlingen

In Denzlingen gab es eine Lagerbaracke der Reichsbahn für Kriegsgefangene verschiedener Nationalitäten. Diese befand sich zwischen dem Bahnkörper der Eisenbahn und dem Haus Im Untergraben 61.


Hier, Im Untergraben 61, stand die Lagerbaracke der Reichsbahn für die Kriegsgefangenen

Den Gefangenen war es bei Todesstrafe streng untersagt, Beziehungen mit deutschen Frauen einzugehen. Eindrucksvoll wird dies im Buch von Rolf Hochhuth „Eine Liebe in Deutschland“ dargestellt, das die tödlich endende Liebesbeziehung eines polnischen Kriegsgefangenen zu einer deutschen Bäuerin in einem Dorf an der Grenze zur Schweiz schildert.

Tagsüber waren die Denzlinger Gefangenen zur Arbeit bei Landwirten, in Gärtnereien, Gasthäusern, bei der Reichsbahn und in heimischen Firmen eingeteilt. Wer einen Kriegsgefangenen beschäftigte, musste dafür pro Tag 1 Reichsmark bezahlen. Abends kehrten sie in ihre Wohnquartiere zurück und wurden von einem Wachmann eingeschlossen.

Von einem Wachmann erschossen

Im Denzlinger Reichsbahnlager war auch der Pole Kasimierz Dworak einquartiert. Er wurde am 14. September 1943, „wegen Meuterei und Widerstand“, wie es im Sterberegister des Standesamtes der Gemeinde Denzlingen heißt, erschossen. Über die näheren Umstände weiß eine Zeitzeugin zu berichten, deren Vater mit dem Lagerwärter bekannt war: Beide stammten aus Prechtal. Auffällig ist, dass es bei diesem Todesfall offensichtlich zu keinem Verfahren gekommen ist; das lässt einen Willkürakt des betreffenden Wärters vermuten. Die Wachmannschaften konnten damals schnell kleinste Vergehen von Gefangenen und „Fremdarbeitern“ auf brutale Art und Weise verfolgen, ohne dafür strafrechtlich belangt zu werden. Denn die Zwangsarbeiter aus Russland und Polen wurden als rassisch minderwertig angesehen und infolgedessen schlecht behandelt.


Vorne links K. Dworak mit Kameraden

Das Grab des Kasimierz Dworak, am 20. Oktober 1917 in Koryto in Polen, als Sohn des Jan Dworak und seiner Frau, geb. Kaluze, geboren, befindet sich links am Eingang zum Kirchengelände der Georgs-Kirche am Kirchturm. Eine Delegation aus der Denzlinger Partnerstadt Konstancin-Jeziorna  besuchte 2013 das Grab, und 2016 kamen auch seine Verwandten zu Besuch, die bis dahin nicht wussten, dass Kasimierz Dworak in Denzlingen begraben liegt.


Nachträgliche Totenexequien am Grab von K. Dworak 2016, ganz links die Verwandten des bestatteten Kriegsgefangenen, rechts Diakon Josef Suschek

 

 

Quellen- und Literaturangaben / CopyrightsStandesamt Denzlingen, Sterberegister 1943Badische Zeitung vom 4.5.2016Rolf Hochhuth, Eine Liebe in Deutschland (1978;
rororo 1983)
Auskunft von Frau Anna-Maria Lang,
Schönbergstraße 1, 79211 Denzlingen
Video: Animation
Medienhaus Denzlingen

Diese Tafel wurde finanziert von